BERT: Google will Sprache besser verstehen

Ende Oktober 2019 hat Google seinen Such-Algorithmen ein bedeutsames Update verpasst – mit BERT sollen Fragen in natürlicher Sprache besser verstanden werden. Was das für Sie bedeutet, was sich ändert – wir schlüsseln das einmal auf.

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Update, 11. Dezember 2019: Vorgestern hat Google bekanntgegeben, dass BERT nun für mehr als 70 Sprachen weltweit ausgerollt wird, darunter auch Deutsch. Wie hoch der Anteil der Suchanfragen in diesen Sprachen ist, die davon betroffen sind, lässt sich derzeit nicht sagen.

Zuallererst: Keine Panik!

Es gibt für deutsche Websites gleich zwei Gründe, sich aus SEO-Perspektive von BERT nicht nervös machen zu lassen.

Erstens: BERT ist vorerst nur für Suchanfragen in englischer Sprache relevant. Google kündigte zwar an, die Erfahrungen mit BERT auch auf andere Sprachen anzuwenden. Insbesondere die Erstellung von „featured snippets“ soll dadurch verbessert werden, also den kurzen Informationsboxen, die bei bestimmten Anfragen direkt unter der Suchmaske versuchen, die relevante Information schon zusammenzufassen. Wann genau BERT auch für Suchanfragen auf Deutsch genutzt wird, ist aktuell noch völlig offen.

Zweitens: An den zentralen Kriterien, nach denen die Suchmaschine die Qualität von Inhalten bemisst, ändert sich laut Google nichts. Es gibt also keinen dringenden Anlass, den eigenen Content komplett zu überarbeiten – vielleicht aber eine Motivation, ihn mittelfristig besser lesbar zu machen.

Wenn sich für uns in Deutschland nichts ändert, wozu dann die ganze Aufregung? BERT ist auf jeden Fall ein wichtiges Update, mit dem Google im Verstehen natürlicher Sprache einen großen Schritt nach vorne macht.

Was ist BERT?

Das Akronym BERT steht für „Bidirectional Encoder Representations from Transformers“ und ist zunächst der Name eines Algorithmus‘, den Google im November 2018 vorgestellt und als Open Source frei zugänglich gemacht hat. Im Kern geht es darum, Natural Language Processing (NLP), also die Verarbeitung von natürlicher Sprache durch den Computer, präziser zu machen.

Wie BERT das genau lernt, wie es genau funktioniert, ist in den Details allenfalls Fachleuten wirklich verständlich, aber über die verwendeten Begriffe im Akronym kann man sich dem ein wenig annähern:

„Transformers“ ist dabei der Name des selbstlernenden Neuronalen Netzes (im Grunde einer Form des Machine Learnings, noch einige Schritte von Künstlicher Intelligenz entfernt), durch das der Suchalgorithmus sein Sprachverständnis verbessern soll, und der Begriff „representations“ verweist darauf, dass im Computer immer nur eine Repräsentation von Sprache vorhanden ist – der Algorithmus also Sprache nicht im menschlichen Sinn begreift, sondern für seine Zwecke nachbildet.

Mit „bidirectional“ ist die Art und Weise beschrieben, wie der Algorithmus Sprache lernt: Auf der Basis eines großen Korpus an Sprache (für BERT wurde wohl die englischsprachige Wikipedia verwendet) werden Wörter (oder im Terminus des Systems „Entities“) jeweils in im Kontext vor und hinter dem Begriff betrachtet.

Um zu lernen, wird in einem Satz jeweils ein Begriff gewissermaßen versteckt. So soll das System zum Beispiel im Satz „Vor dem [Lücke] steht ein Auto.“ sowohl aus den Wörtern „Vor dem“ als auch aus „steht ein Auto“ versuchen zu erraten, was sich hinter der Lücke verbirgt (zum Beispiel „Haus“). Aus den Versuchen (und seinen Fehlern) lernt das neuronale Netz immer genauer, wie sich die Sprache zusammensetzt.

Was ändert sich mit BERT?

Das Ziel von BERT ist es vor allem, von Menschen formulierte Fragen besser zu verstehen. Google strebt an, dass der Algorithmus Fragen versteht, die wir auch einander stellen würden – und dann genau die Suchergebnisse anzeigen kann, die die Frage möglichst direkt und präzise beantworten. Für Google noch erstrebenswerter ist es, die Antwort direkt aus dem Netz zu extrahieren und in einem „Featured Snippet“ bereitzustellen.

Was Google jetzt besser versteht

Bisher hatte der Algorithmus insbesondere Schwierigkeiten dabei, die Beziehungen zwischen den Wörtern in der Suchanfrage richtig zu interpretieren. Dabei spielen insbesondere die Präpositionen eine wichtige Rolle – also kleine Wörtchen wie „für“, „zu“, „von“ oder „bei“, die sprachlich markieren, wie sich unterschiedliche Elemente eines Satzes zueinander verhalten.

In einem Blogpost zum Start von BERT präsentiert Pandu Nayak, Vizepräsident bei Google für den Bereich Suchmaschine, dabei verschiedene Beispiele, wie sich die Ergebnisse durch das Update verbessert haben, zum Beispiel anhand der Frage, ob man für eine andere Person Medikamente aus der Apotheke abholen könne:

Man erkennt deutlich, dass nach dem Update das erste Ergebnis der Suchanfrage die gestellte Frage wesentlich genauer beantwortet.

Interessanterweise liefert eine entsprechende deutsche Suchanfrage – auch als Frage gestellt – schon jetzt sehr genaue Ergebnisse, wie ein kleiner Versuch zeigt. Vermutlich liegt es an sprachlichen Eigenheiten, dass der Algorithmus bei der Suchanfrage in Deutsch in diesem Fall auch ohne BERT zu präziseren Ergebnissen kommt.

BERT verbessert darüber hinaus wohl auch das Verständnis von Verneinungen und vielen kleinen Bedeutungen im Detail.

Wie bedeutsam ist BERT?

Laut Google betrifft BERT derzeit etwa 10% der Suchanfragen in englischer Sprache, also ein Zehntel des Suchvolumens. Da das Update natürliche, gesprochene Sprache in den Fokus nimmt, ist es wohl keine vermessene Vermutung, dass es insbesondere für jene Suchanfragen relevant ist, die tatsächlich gesprochen werden. Je besser das Hörverständnis vor allem bei mobilen Geräten wird, umso mehr wird vermutlich auch die Zahl dieser Anfragen wachsen – und wer spricht, neigt weniger dazu, sich nur in Keywords auszudrücken.

Bei Suchanfragen unterscheidet man ja im Wesentlichen zwischen drei Typen von Suchanfragen:

  • Transaktionsorientierte Suchanfragen (transactional search queries): Der User möchte etwas tun, ein Fahrrad kaufen oder ein Buch lesen.
  • Navigationsorientierte Suchanfragen (navigational search queries): Der Nutzer will eine bestimmte Website oder App aufsuchen, also eine bestimmte Stelle im Netz finden.
  • Informationsorientierte Suchanfragen (informational search queries): Gesucht wird eine entweder sehr konkrete Information oder allgemeine Informationen zu einem bestimmten Thema.

BERT betrifft vor allem diese letzte Kategorie, die nach Studien etwa 80% aller Suchanfragen bei Google ausmacht.

Was ist jetzt zu tun?

Zunächst einmal gilt, wie gesagt: Keine Panik. An den Qualitätskriterien, an denen sich der Suchalgorithmus von Google orientiert, hat sich im Kern nichts verändert. Eher wird es beim Blick durch die SEO-Brille noch dringender, sich an diesen Kriterien auch tatsächlich zu orientieren.

Denn schon seit längerem gilt für Suchmaschinen-Optimierung: Erstellen Sie Ihre Inhalte nicht für Google, sondern für Ihre Nutzer. Schreiben Sie nicht für die Maschine, sondern für die Menschen. Präsentieren Sie Ihre Inhalte in klarer, korrekter Sprache. Verwenden Sie idealerweise gut lesbare Sätze ohne verquaste Formulierungen, vermeiden Sie Anhäufungen von Fremdwörtern oder aufmerksamkeitsheischenden Keywords.

Natürlich können Sie es den Algorithmen leichter machen, indem Sie Ihre Seite strukturieren: Mit klar im HTML-Code ausgezeichneten Zwischenüberschriften, mit Listen, sinnvollen Verlinkungen und all den Dingen, die eine gute Website auszeichnen – aber auch diese machen, richtig angewandt, vor allem dem Leser das Leben leichter.

Anders formuliert: Sie machen es dem Algorithmus leichter, natürliche Sprache zu verstehen, wenn Sie für Texte und Informationen auf Ihrer Website ein paar einfache Schreibregeln beachten:

  • Die Struktur des Textes sollte im HTML-Code repräsentiert werden (Überschriften, Listen, Abschnitte, Zitate usw.) und tatsächliche Bedeutung transportieren.
  • Verwenden Sie klare und korrekte Sprache.
  • Verzichten Sie insbesondere für Ihre zentralen Aussagen auf allzu umständliche und ausschweifende Umschreibungen
  • Beschreiben und kategorisieren Sie Ihre Inhalte möglichst klar und übersichtlich
  • Stellen Sie Fragen und Antworten möglichst klar direkt nebeneinander, so eindeutig formuliert, dass sie auch klar als zusammengehörig erkennbar sind.

Fazit: Was ändert sich für Ihre Website?

Grundsätzlich ändert sich für Ihre Website nichts. Die von Google angewandten Qualitätskriterien bleiben die gleichen, auch ihre Rankings sind wohl nicht betroffen – zumal aktuell noch unklar ist, wann und in welcher Form BERT auch auf deutschsprachige Suchanfragen angewendet werden wird.

Wenn BERT das tut, was sich Google davon verspricht, wird ein signifikanter Anteil der Suchanfragen in Zukunft deutlich präzisere Suchergebnisse angezeigt bekommen als bisher.

Paradoxerweise kann das auch für Ihre hervorragend gepflegte Website unter Umständen bedeuten, dass weniger Nutzer von Google kommen – weil all jene wegfallen, die nicht genau nach den Informationen suchten, die Sie auf Ihren Seiten bereitstellen. Zugleich sollten dann aber diejenigen, die Ihre Website bei Google angezeigt bekommen, auch tatsächlich bei Ihnen genauer finden können, was Sie suchen.

Am Ende könnte BERT Ihrer Website also „hochwertigere“ Besucher bringen, nämlich vor allem jene, die wirklich auf Ihre Website kommen wollen – und für die nur Sie genau die richtigen Antworten haben.

Höchste Zeit also, noch bessere Websites zu machen.

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