Klimaneutralität: CO2-​Ausgleich für Websites

Idealerweise ist eine Website so geplant, erstellt und gehostet, dass sie möglichst wenig Energie benötigt. Es bleibt jedoch immer ein Rest, der sich derzeit nicht ganz klimaneutral umsetzen lässt. Hier kann ein CO2-Ausgleich helfen, die Klimabilanz des eigenen Unternehmens zu verbessern. Wir stellen vor, wie das funktioniert und was es dabei zu beachten gibt.

In unserer kleinen Reihe zu klimafreundlichen Websites haben wir uns bisher damit beschäftigt, wie ein möglichst klimaneutrales Hosting aussehen soll und wie eine Website geplant und umgesetzt werden sollte, damit ihr Betrieb möglichst wenig Energie benötigt – beim Hosting, für den Datenverkehr und auf dem Endgerät der Nutzer:innen.

Selbst wenn Sie auf diese Weise den “ökologischen Fußabdruck” Ihrer Website so weit wie möglich gesenkt haben, bleibt aber immer noch ein Effekt zurück, der auf die Klimabilanz Ihres Unternehmens drückt: Selbst mit klimaneutralem Hosting wird Ihre Website, so sie denn genutzt wird (und dafür ist sie ja da!), durch Energieverbrauch vermutlich die Erzeugung von Treibhausgasen mit verursachen. Denn auf die Energiequellen, die die Datenübertragung, Content Delivery Networks und die Endgeräte Ihrer Kund:innen mit Strom versorgen, haben Sie in der Regel keinen Einfluss.

(Zur besseren Verständlichkeit und vor allem Vereinfachung des Textes verwenden wir im Weiteren die Begriffe “Treibhausgase” und “CO2-Äquivalenten” bzw. “CO2e” synonym, obwohl das selbstverständlich nicht ganz und gar korrekt ist.)

Was bedeutet der CO2-​Ausgleich?

Ein völlig klimaneutraler Betrieb von Websites ist also in unserer gegenwärtigen Realität nicht realistisch. Da sich die Erzeugung von Treibhausgasen also nicht ganz vermeiden lässt, unterstützt ein sogenannter “CO2-Ausgleich” oder eine “CO2-Kompensation”, dass die gleiche Menge von CO2-Äquivalenten, die an einer Stelle entstehen, an einer anderen eingespart wird. So wird rechnerisch CO2-Neutralität hergestellt.

Wie funktioniert CO2-Kompensation konkret?

In der Praxis funktioniert der CO2-Ausgleich so, dass für eine vorher bestimmte Menge CO2 ein bestimmter Betrag an Projekte gezahlt wird, die diese Menge CO2 (oder idealerweise sogar mehr) einsparen. Das können z.B. Projekte zur Förderung von Solarlampen und erneuerbaren Energien oder ähnliche Projekte sein.

Für die Bewertung der Projekte sind einige grundsätzliche Fragen zu stellen: 

  • Wird das aufgewendete Geld tatsächlich für die beschriebenen Investitionen genutzt?
  • Zusätzlichkeit: Würden die Investitionen nicht auch ohne die Zahlungen vorgenommen? (Werden damit zum Beispiel wirklich zusätzliche Solar- und Windanlagen gebaut und nicht bestehende nachträglich finanziert?)
  • Nachhaltigkeit: Haben die Investitionen tatsächlich einen nachhaltigen Effekt? (Auf Aufforstungen, die dann wieder abgeholzt oder gar abgebrannt werden, trifft das zum Beispiel nicht zu. Ihre Wirkung wird aber darüber hinaus erst nach Jahren relevant, in denen die Bäume wirklich wachsen konnten.)
  • Werden die dabei entstehenden Klimaeffekte eventuell durch Klimazertifikate doppelt gewertet?

Was ist verantwortungsvoller, nachhaltiger CO2-Ausgleich?

Mit diesen Fragen soll es gelingen, jene Projekte auszusieben, die nur “Klimaneutralität als Täuschung” anbietet, wie das ein ausführlicher Artikel des Greenpeace-Magazins zum Thema beschreibt.

Da sich von außen schwer einschätzen lässt, ob diese Kriterien auf einzelne Projekte – meist in anderen Ländern und außerhalb der eigenen Expertise – auch zutreffen, gibt es verschiedene Zertifikate und Qualitätsstandards, an denen man sich orientieren kann.

Das Umweltbundesamt bietet hierzu auch seine Broschüre “Freiwillige CO2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte” von Juli 2018 an (als PDF auf Deutsch und Englisch verfügbar), das die Hintergründe und Zertifizierungen erläutert und einordnet.

Als einer der zuverlässigsten Standards kann der Gold Standard CER gelten, der vom WWF und anderen Umweltverbänden initiiert wurde und sich auch an den Sustainable Development Goals (17 Ziele für nachhaltige Entwicklung) der Vereinten Nationen orientiert.

Mit diesem Zertifikat (oder ähnlichen Standards) lässt sich also bewerten, ob ein bestimmtes Projekt tatsächlich und nachhaltig dazu beiträgt, den Ausstoß an Treibhausgasen zu reduzieren bzw. Treibhausgase zu binden. (Wie wichtig eine solche Bewertung und Einordnung ist, lässt sich zum Beispiel aus dieser Reportage der ZEIT erahnen.)

Klimaverantwortung geht nur mit Reduktion

So wünschenswert die CO2-Kompensation auch ist, verantwortliches Handeln im Sinne des Klimas (Climate Responsibility) gelingt Ihnen nur, wenn Sie sich als Unternehmen zugleich echt und dauerhaft darum bemühen, die Produktion von Treibhausgasen zu reduzieren. Ansonsten bleibt auch die Förderung von Klimaschutzprojekten nur oberflächliche Kosmetik ohne dauerhafte Effekte, oder anders gesagt: Greenwashing.

Wie viel Energie benötigt eine Website? 

Wie wir im vorangegangenen Artikel bereits gezeigt haben, ist es gar nicht so einfach, den Energieverbrauch einer Website mit konkreten Zahlen zu benennen. Letztlich ist es nur möglich, einen ungefähren Schätzwert zu ermitteln, der sich vor allem aus drei zentralen Faktoren ergibt:

  1. Der Energieverbrauch beim Hosting (Hosting-Provider und ggf. im Content Delivery Network), der durch die Speicherung der Website sowie bei ihrem Aufruf entsteht,
  2. der Energieverbrauch für den Datentransfer zwischen Server und Endnutzer:innen (der vor allem durch die Datenmenge und die Entfernung beeinflusst wird) sowie
  3. der Energieverbrauch für Aufruf und Nutzung der Website auf den Endgeräten der Nutzer:innen.

Schon in diesen Faktoren stecken aber wieder zahlreiche Variablen, deren Berücksichtigung im Einzelnen sehr aufwändig bis unmöglich ist, zum Beispiel:

  • Welche Seiten werden konkret wie oft aufgerufen? Eine Seite mit vielen Bildern und Animationen hat einen ganz anderen Energiebedarf als eine Seite, die vor allem aus Text besteht.
  • Welches Endgerät wird eingesetzt? Smartphones haben generell einen kleineren Energiebedarf als z.B. Desktop-Rechner, aber auch hier hängt viel vom konkreten Gerät und insbesondere vom genutzten Display ab.

Schon aus diesen Unsicherheiten heraus lässt sich absehen, dass sich selbst für eine konkrete Website der Energiebedarf sinnvoll nur grob abschätzen lässt.

Tools zur Berechnung des Energiebedarfs

Ein mögliches Tool dafür ist der Rechner von websitecarbon.com, ein Angebot der Londoner Digitalagentur Wholegrain Digital.  Er prüft für eine bestimmte URL die übertragene Datenmenge und schätzt dann anhand verschiedener Faktoren und auf der Basis konkreter wissenschaftlicher Studien den Energieverbrauch jedes einzelnen Websiteaufrufs ab; dies wird dann nach transparenten Kriterien in entstandene Menge von CO2-Äquivalenten umgerechnet. (Die genaue Vorgehensweise wird hier beschrieben.)

Die Berechnung des Website Carbon Calculators für die Startseite von verdure.de im Juli 2021 anhand einer fiktiven Zahl von 4.000 monatlichen Aufrufen.

Der Software-Anbieter Ryte bietet einen ähnlichen Rechner an, nutzt die Anfrage aber als Marketing-Maßnahme und gibt keinen Einblick in die konkreten Berechnungsgrundlagen.

Die Organisation Klima-Kollekte schließlich berücksichtigt für ihren Website-Klimaausgleich mit Pauschalen: Zum einen für den Serverbetrieb der Website (unabhängig von der Website-Größe, aber in Abhängigkeit davon, ob der Hosting-Provider konventionellen oder zertifiziert ökologischen Strom bezieht) und zum anderen für die Nutzerseite. Bei letzterem werden die Besuche auf der Website und die durchschnittliche Verweildauer berücksichtigt.

Beschränkungen und Beispielrechnungen

Den konkretesten Wert erhalten Sie natürlich beim Website Carbon Calculator. Die Beschränkungen seiner Ergebnisse sind dabei allen anderen Berechnungsmethoden ähnlich: Zum einen können grundsätzlich nur (faktenbasierte und fundierte) Schätzwerte für die einzelnen Verbrauchsdaten angesetzt werden – das ist, wie oben beschrieben, anders kaum machbar.

Zum anderen berechnet der Website Carbon Calculator seine Werte anhand der konkreten URL, die eingegeben wurde, also anhand einer einzelnen Webpage. Deren Energieverbrauch muss aber nicht unbedingt eine für Ihre gesamte Website typische oder durchschnittliche Größe sein.

Als konkretes Beispiel: Für die Startseite unserer Agentur-Website berechnet der Calculator pro 1.000 monatlichen Aufrufen jährliche CO2-Emissionen von 10,3 kg. Für einen typischen Artikel unseres Magazins werden bei gleichen Rahmenbedingungen nur 5,7 kg berechnet, etwas mehr als die Hälfte.

Die Erklärung dafür ist einfach: Die Startseite enthält mehr Bilder, auch ein wenig Animation und damit tendenziell datenintensive Inhalte, während die einzelne Magazinseite zwar eine kleine Handvoll größerer Bilder enthält, ansonsten aber fast ausschließlich formatierten Text.

Schlussfolgerungen für die Berechnung

Unter diesen Bedingungen ist klar, dass eine präzise Berechnung nicht möglich ist und stattdessen eine Abschätzung stattfinden muss, die im Sinne des Klimaschutzes eher zu hoch als zu niedrig ausfallen sollte.

Wenn Sie also mit dem Calculator den Verbrauch Ihrer Website berechnen, genauer: abschätzen wollen, wählen Sie eine Seite auf Ihrer Website, die eher daten- und energieintensiv ist. Verwenden Sie für die Zahl der monatlichen Aufrufe eine realistische Größe im Jahresdurchschnitt (eher Zahlen aus den Serverlogs als aus Google Analytics) – und idealerweise verdoppeln Sie dann den vom Rechner ausgespuckten CO2-Wert noch einmal als Puffer.

CO2-Ausgleich direkt bezahlen

Wenn Sie den CO₂-Fußabdruck Ihrer Website bestimmt haben (oder haben berechnen lassen), haben Sie die Möglichkeit, den entsprechenden CO₂-Ausgleich direkt bei einer Organisation zu kompensieren.

Die Stiftung Warentest hat 2018 mehrere Anbieter untersucht, die dieses Angebot für Unternehmen und Privatleute bereitstellen, und hat für deren Bewertung laut eigener Aussage vor allem auf die “Qualität der Kompensation” geachtet, aber auch “die Trans­parenz der Anbieter und, wie sie geführt und kontrolliert sind” mit berücksichtigt.

Wenn Sie also einen bereits ermittelte Menge CO₂-Äquivalent ausgleichen möchten – vielleicht auch über den Betrieb Ihrer Website hinaus –, dann liegen Sie mit diesen drei Anbietern nicht verkehrt, die von der Stiftung Warentest alle drei mit “sehr gut” bewertet wurden:

Die drei Organisationen unterscheiden sich etwas darin, welchen Betrag sie pro kg CO2e ansetzen, die Spannbreite liegt zwischen 15 und 25 Euro pro t CO2. Alle drei fördern aber auf transparente Weise ausschließlich Projekte, die hohen Standards wie dem Gold Standard entsprechen.

CO2-Ausgleich für Websites

Es gibt außerdem auch Anbieter, die den CO₂-Ausgleich direkt für den Betrieb von Websites anbieten und eine Zahlung zudem mit einer entsprechenden Plakette honorieren, mit der die Klimaneutralität online direkt beworben werden kann.

Die zwei Anbieter, die wir hier vorschlagen wollen (climatepartner.com und co2neutralewebsite.de), machen dazu pauschale Angebote in Abhängigkeit von den Zugriffszahlen. Aus diesem Grund taucht auch der Website-Klimaausgleich von Klima-Kollekte hier nicht noch einmal auf, da Klima-Kollekte ein individuell angepasstes Angebot macht.

Projekte und Standards

Alle drei Organisationen fördern Projekte unterschiedlicher Art, die dem Klimaschutz dienen. Die meisten dieser Projekte sind in sich entwickelnden und wirtschaftlich schwächeren Staaten angesiedelt, wo sich mit relativ geringem finanziellen Aufwand verhältnismäßig hohe Effekte erzielen lassen.

Die Projekte sind bei allen zwei Anbietern durchgehend zertifiziert, die unterschiedlichen Zertifikate tragen aber natürlich auch verschiedenes Gewicht. Nur co2neutralewebsite.de fördert ausschließlich Projekte, die nach dem Gold Standard zertifiziert sind.

Kosten

Die Initiativen berechnen den Betrag, der zum CO₂-Ausgleich zu zahlen ist, alle gleichermaßen nach der Zahl der monatlichen Zugriffe auf eine Website. Für die Faktoren wie Hosting, Datenmenge u.a. werden offenbar Grundpauschalen angerechnet.

Auf diese Weise kommen die zwei Anbieter auf recht unterschiedliche Ergebnisse, wie hoch der Betrag für Websites mit bestimmten Aufrufzahlen sein sollte.

Für kleine Websites mit bis zu 10.000 Aufrufen pro Monat berechnen sie etwa pro Jahr:

Für Websites mit höheren Aufrufzahlen gehen die veranschlagten Kosten für den CO₂-Ausgleich dann sogar noch weiter auseinander:

(eigene Zusammenstellung nach Informationen der Anbieter)

Die pauschalen Preise bestimmen sich bei den Anbietern jeweils daraus, dass die weniger aufwändigen Seiten aus dem Portfolio die datenintensiveren Seiten gewissermaßen mit querfinanzieren; zudem ist davon auszugehen, dass die “teureren” Anbieter etwas großzügigere Puffer für die Berechnung veranschlagen.

Letztlich ist aber weder der günstigste noch der teuerste Anbieter automatisch auch der beste – die Bewertung bleibt schwierig, weil Sie ja kein Produkt erwerben, dessen Qualität und Wirksamkeit Sie selbst sinnvoll prüfen können.

Stattdessen sollten Standards der Projekte und transparente Verwendung der Gelder durch die Organisationen die entscheidenderen Kriterien sein.

Fazit

Die Entscheidung für eine Organisation zur Klimakompensation oder gar ein eigenes Projekt kann sehr komplex sein – das Vertrauen, das sie in den Empfänger Ihrer Ausgleichszahlungen setzen, will wohlverdient sein.

Insofern kann es sinnvoll sein, die Berechnung der Treibhausgase, die durch Ihre Website entstehen, selbst vorzunehmen bzw. durch Expert:innen vornehmen zu lassen und dann einen geeigneten Betrag direkt als Kompensation einer großen und regelmäßig kontrollierten Organisation anzuvertrauen.

Genauso legitim ist es aber natürlich auch, die komplexen Rechenvorgänge ganz anderen zu überlassen und sich einem Anbieter mit Rundum-Paket anzuvertrauen. Ein Mindestmaß an Standards und Kontrollen sollte aber auch dann eingehalten werden.

CO2-Ausgleich ohne CO2-Vermeidung ist nutzlos

Eine klimaneutrale Website kann Ihnen nur mit einem Dreisprung funktionieren, der in ähnlicher Form auch für alle anderen Wirtschaftsbereiche (und auf den privaten Alltag) übertragen lässt:

  1. Klimagase vermeiden, wo immer möglich: Unnötiges wegfallen lassen
  2. Klimagase reduzieren: Regenerative Energie nutzen, Energieverbrauch minimieren, Effektivitäten steigern, Lücken schließen
  3. Klimagase kompensieren: Unvermeidbare Emissionen ausgleichen

Selbst wenn Sie zunächst mit der Kompensation beginnen, weil dies die einfachste und am schnellsten umsetzbare Maßnahme ist, dürfen die zwei Schritte davor nicht ausgelassen werden – denn sie sind diejenigen, die wirklich dazu beitragen, dass wir weniger Treibhausgase emittieren.

Und weil Energie in Zukunft mit Sicherheit teurer wird, spart das schon auf mittlere Sicht hin gesehen zugleich auch viel Geld.

Wir sind Enthusiasten der digitalen Welt. Als Digitalagentur wollen wir unsere Leser mit dieser Begeisterung anstecken. Dazu packen wir Themen, Trends und Technologien an, die unser aller Leben und Arbeiten betreffen und leichter machen können. Unverschnörkelt geben wir wertvolle Updates und schaffen Orientierung zu digitalen Lösungen von heute und morgen.

Ähnliche Artikel

Wie kann eine Website so geplant und erstellt werden, dass ihre Nutzung möglichst wenig Energie benötigt? Dass sie möglichst wenig zum Klimawandel beiträgt? Im Zentrum stehen einige Kriterien, die sich recht leicht benennen lassen.

Die drohende Klimakatastrophe ist zurecht in aller Munde und sollte uns alle dazu anhalten, nachhaltiger zu wirtschaften und unsere Maßnahmen auf ihre Klimafolgen zu überprüfen. Im Bereich des Website-Hostings ist es dabei ohne allzu große Aufwände und Zusatzkosten möglich, weitgehend klimaneutrales Hosting zu nutzen. Wir zeigen, was es dabei zu beachten gilt.

VERDURE Update abonnieren

Erhalten Sie einmal im Monat unseren Newsletter mit einer Auswahl aktueller Themen, Trends und Artikeln, um am Puls der Zeit zu bleiben.

Entdecken Sie die zukunftsfähige Formel für hocheffektive KPI-Optimierung und nachhaltiges Wachstum

 

Zum Download