B2B Customer Journey: Definition und Touchpoints

Die Customer Journey bzw. Kundenreise ist ein Begriff aus dem Marketing und beschreibt die einzelnen Phasen, die potenzielle Kunden durchlaufen, bevor sie sich für den Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung entscheiden.

Die Phasen umfassen dabei die jeweiligen Kontaktpunkte (Touchpoints) eines Konsumenten mit der Marke, dem Produkt oder der Dienstleistung. Zu beachten ist hierbei, dass Kunden nicht zwangsläufig an allen Kontaktpunkten direkt mit dem Unternehmen in Berührung kommen. Denn neben den direkten Touchpoints zwischen potenziellen Kunden und Unternehmen (B2B-Onlineshop, Werbeanzeigen, Social-Media-Kanäle usw.) gibt es auch indirekte Touchpoints, an denen sich Konsumenten über Marken oder Produkte informieren (Bewertungsportale, Blogs, Foren usw.). Auf diese Kontaktpunkte im Kaufentscheidungsprozess können Unternehmen in den meisten Fällen keinen direkten Einfluss nehmen.

Neben dem B2C (Business-to-Consumer) hat sich die Customer Journey auch im B2B (Business-to-Business) als wichtiges Hilfsmittel für Marketingverantwortliche etabliert, um das Kundenerlebnis systematisch zu verbessern. Doch warum ist sie gerade hier sinnvoll und wie sieht die B2B Customer Journey überhaupt aus?

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Customer Journey im B2B lange unterschätzt

Lange Zeit war die Customer Journey ein reines B2C-Thema. Im B2B kümmerte man sich nicht darum, welche Phasen oder Touchpoints ein potenzieller Kunde durchläuft. Schließlich besorgte ja das Marketing die Leads durch Messeauftritte, Lead-Kampagnen oder Telefonakquise. Dies erleichterte es Vertriebsmitarbeitern wiederum, den Kaufentscheidungsprozess zu beeinflussen.

Mittlerweile ist das nicht mehr so einfach. Ausgestattet mit einer beinahe endlosen Zahl an Informationsquellen geben nun die Kunden den Ton an. Wie die Studie „2018 B2B Buyers Survey Report“ von Demandbase und DemandGenReport zeigt, investieren Unternehmen deutlich mehr Zeit in die Recherche von Anbietern und nutzen dabei auch eine große Anzahl an Quellen. Interessenten entscheiden dadurch alleine, welcher Anbieter für einen Kauf in Frage kommt und Unternehmen begleiten sie bei diesem Prozess nach bestem Wissen und Gewissen. Um relevant zu bleiben, müssen Unternehmen ihre potenziellen Kunden deshalb zur richtigen Zeit, am richtigen Touchpoint mit dem richtigen Content ansprechen.

Hier kommt die Customer Journey ins Spiel. Sie hilft Unternehmen dabei, ihre Kontaktpunkte zu potenziellen B2B-Kunden einmal kanalübergreifend unter die Lupe zu nehmen und ebnet dabei den Weg für eine Ausrichtung aller Marketing- und Vertriebsaktivitäten auf das Kundenerlebnis.

Phasen der B2B Customer Journey

Die klassische Customer Journey wird durch die direkten und indirekten Touchpoints in fünf Phasen unterteilt:

  1. Awareness (Bewusstsein)
  2. Consideration (Überlegung)
  3. Purchase (Kauf)
  4. Retention (Bindung)
  5. Advocacy (Empfehlung)

Auch im B2B kann das Modell in dieser Form eingesetzt werden. In jeder dieser Phasen haben potenzielle B2B-Kunden ein unterschiedliches Informationsbedürfnis, das Unternehmen geschickt erkennen und erfüllen müssen. Ein genauer Blick zeigt, welche Absichten potenzielle Kunden in den einzelnen Phasen haben und welche Touchpoints und Content-Formate für Anbieter dabei relevant sind.

Awareness (Bewusstsein)

Ein bestimmter Auslöser, auch „Stimulus“ genannt, bringt einen potenziellen B2B-Kunden dazu, online nach Anbietern und Lösungen zu suchen. Das kann ein konkretes Problem sein, das er zu lösen versucht oder auch wirtschaftliche Hintergründe haben (z.B. Kosten zu optimieren). Er startet über die Google Suche oder klappert die ihm bekannten Fachportale ab. Gezielte SEO-Maßnahmen sowie Search-, Banner- oder Social-Ads wecken beim Interessenten in dieser Phase das Bewusstsein für das Produkt oder die Marke. Auch über Advertorials und Empfehlungen mittels Affiliate-Partner können Unternehmen immer genau da sein, wo sich Kunden im Netz aufhalten. Mit Hilfe von Infografiken, Whitepapern und Studien bleibt man Marketingverantwortlichen oder Vertriebsmitarbeitern im Beschaffungsprozess schon früh im Gedächtnis.

Consideration (Überlegung)

Der Verantwortliche auf Kundenseite hat nun schon viele Informationen gesammelt und bestenfalls eine sog. Longlist mit Anbietern und Lösungen erstellt. Nun steigt er tiefer ins Thema ein, um die Liste weiter einzudämmen. Für Unternehmen beginnt hier das Lead Nurturing – sie ergreifen Maßnahmen, um Interessenten zum richtigen Zeitpunkt mit relevanten Informationen im Entscheidungsprozess anzusprechen. Das passiert bspw. durch gezielte Re-Targeting -und Social-Media-Maßnahmen, zugeschnittene Landingpages oder unterstützende Newsletter. Auch durch Advertorials und Blogartikel machen Unternehmen stark auf sich aufmerksam. Mit Studien, Expertenmeinungen oder Vergleichen können Unternehmen mit Expertise und Wissen glänzen und damit einen Platz ganz oben auf der Longlist ergattern.

Purchase (Kauf)

Die verbleibenden Anbieter bilden nun die deutlich schlankere Shortlist. Potenzielle Kunden benötigen an diesem Punkt der Reise nur noch unterstützende Argumente, die ihre Entscheidung untermauern. Anbieter punkten hier mit Case Studies, Online-Demos oder Testversionen. Am Ende erhält der Anbieter den Zuschlag, der das Informationsbedürfnis potenzieller Kunden am besten erkennt und die überzeugendsten Argumente für sein Produkt vorbringen kann.

Im Bereich Software gehören laut der Studie von Demandbase und DemandGenReport beispielsweise die schnelle und einfache Verfügbarkeit der Lösung (77%), Features und Funktionalitäten (72%), das Lösen eines akuten Problems (72%) sowie der Preis (71%) zu den wichtigsten Faktoren bei der Evaluierung der Shortlist. Außerdem gaben 73% der Befragten an, dass Anbieter vor allem dadurch überzeugen können, wie gut sie sich mit dem kaufenden Unternehmen und seiner Industrie auskennen.

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Retention (Bindung)

Nach dem Kauf ist vor dem Kauf. Noch besser als ein Kaufabschluss ist, wenn Kunden von der Lösung überzeugt sind und dadurch potenziell auch gerne nochmal kaufen. Schließlich geht eine Kundenreise über die reine Leadgenerierung hinaus, auch wenn sie dies vermeintlich als Ziel hat. Kontaktpunkte bilden in dieser Phase nicht nur Helpdesk und Service-Portal sondern auch die App und firmeneigenen Social Media-Kanäle. Newsletter sorgen dafür, dass Kunden rechtzeitig über Neuerungen oder spezielle Angebote informiert werden. Über Umfragen können sie ihre Erfahrungen mit dem Unternehmen schildern. Dabei springt durchaus mal die eine oder andere Idee für ein neues Produkt oder eine Weiterentwicklung heraus.

Advocacy (Empfehlung)

Für Unternehmen ist es unbezahlbar, wenn zufriedene Kunden ihre Erfahrungen nach außen tragen. Auch wenn sie das am besten aus freien Stücken tun, schadet es nicht, ein wenig nachzuhelfen. Sharing Buttons erleichtern das Teilen von Content in sozialen und Business-Netzwerken. Umfragen animieren Kunden dazu, ihre Erfahrungen noch einmal Revue passieren zu lassen. Mailings halten sie über alle Neuigkeiten auf dem Laufenden. Geschickt eingesetzt schaffen diese Methoden den Anreiz, Produkte und Dienstleistungen aktiv auf Bewertungsplattformen und Social Media weiterzuempfehlen.

Unterschied der Customer Journeys im B2B und B2C

Auch wenn sich die Phasen der Customer Journey im B2B und B2C ähneln, unterscheiden sich die Kundenreisen in einigen Aspekten dennoch voneinander. Blicken wir kurz auf die relevantesten Unterschiede.

Beim B2C wird eine heterogene und weit gefasste Konsumentengruppe angesprochen. Deren Prozesse sind schlanker und werden meistens kaum von externen Parteien beeinflusst. Käufe erfolgen oft impulsiv und spielen sich vornehmlich online, in-store und per Telefon statt. Der Sales-Zyklus ist insgesamt deutlich kürzer als beim B2B.

Bei der B2C Customer Journey durchlaufen Kunden die Phasen
zügig und meist ohne den Einfluss Dritter.

Im B2B-Bereich gibt es meist eine oder nur wenige Zielgruppen mit relativ klar definierten Bedürfnissen. Kaufentscheidungen werden in Unternehmen maßgeblich von Buying Centern beeinflusst, d.h. Vertreter verschiedener Abteilungen entscheiden gemeinsam darüber, was wann wo gekauft wird. Das bedeutet, dass beim B2B auf Kundenseite deutlich mehr Menschen an einem Kaufprozess beteiligt sind als bei B2C. Laut einer Studie des Harvard Business Review sind es durchschnittlich 6,8 Entscheidungsträger, die bei Kaufentscheidungen ein Mitspracherecht haben. Daraus folgt, dass vor dem Kauf ein langer Auswahl- und Abstimmungsprozess stattfindet und sich potenzielle Kunden länger in der Consideration-Phase aufhalten, als es im B2C der Fall ist.

Produkte und Dienstleistungen werden umfangreich geprüft, verglichen und mit Beteiligten des Buying Centers abgestimmt. Folglich ist beim B2B ein längerer Sales-Zyklus zu erkennen, der sich auch auf die Ausgestaltung der Customer Journey auswirkt. Sowohl bei B2C als auch bei B2B gilt: Wer den Kunden schon einmal überzeugt hat, hat gute Chancen, bei der nächsten Consideration-Phase wieder einen Platz auf der Shortlist und die Aussicht auf eine weitere Conversion zu ergattern.

Bei der B2B Customer Journey halten sich potenzielle Kunden länger in der Consideration-Phase auf und auch die Awareness-Phase wird bei einem Kaufprozess ggf. öfter durchlaufen.

Fazit: Die Customer Journey ist individuell

Obwohl sich die Customer Journeys voneinander unterscheiden, haben sich B2B und B2C in den letzten Jahren immer mehr angenähert. Gefördert wurde das nicht zuletzt von der Entwicklung, dass Menschen ihre Gewohnheiten aus dem privaten Alltag auf ihre Arbeit übertragen. Potenzielle B2B-Kunden informieren sich genauso, wie sie es auch vor privaten Kaufentscheidungen tun würden und kommen dabei mit einer wachsenden Zahl an Berührungspunkten in Kontakt. Bei der Informationssuche erwarten sie dabei den gleichen Komfort, den sie vom privaten Surfen im Internet gewohnt sind.

Durch die Customer Journey im B2B bieten sich Unternehmen viele Möglichkeiten, potenzielle Kunden bei dieser Informationsbeschaffung zu unterstützen und Kaufentscheidungsprozesse durch phasengerechte Services zu erleichtern. Zwar können die typischen Phasen einer Customer Journey durchaus zur Orientierung genutzt werden, jedoch ist es für Unternehmen empfehlenswert, ihre eigene, auf Buyer Personas und Zielgruppen zugeschnittene Kundenreise zu entwickeln. Egal ob B2C- oder B2B-Käufer – am Ende sitzt immer ein Mensch am Ende der Leitung. Wer seine Kommunikation mit psychologischem Geschick auf diesen ausrichten vermag, hat sich schon als kompetenter Begleiter für die Kundenreise qualifiziert.

Jetzt geht es darum, aktiv zu werden. Schließlich möchte die eigene Reise geplant und Optimierungsmaßnahmen abgeleitet werden. Wie man seine eigene Customer Journey entwickelt und welche Schritte dazu nötig sind, klären wir in unserem nächsten Artikel zum Thema B2B Customer Journey.


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