Dieser Artikel von Bertrand Maugain ist im Dezember 2021 im Blog von ibexa erschienen. Wir geben ihn hier mit freundlicher Erlaubnis in leicht überarbeiteter Fassung wieder.
Trotz der Komplexität der B2B-Preisgestaltung und der Zahlungsbedingungen sollte man sich nicht davon abhalten lassen, seine Arbeitsabläufe zu automatisieren. Ein DXP kann hierbei behilflich sein.
B2B-Preisgestaltung ist komplex
Etwas einzukaufen bedeutet etwas zu bezahlen. Online-Händler bemühen sich, diesen Teil der Customer Journey fast völlig reibungslos zu gestalten. Manche Online-Zahlungslösungen lassen einen sogar fast vergessen, dass man etwas bezahlen muss, denn man gibt die Bestellung mit einem einfachen Klick auf, ohne dass jemand nach Geld fragt – jedenfalls nicht in den nächsten zwei Wochen.
Auch B2B-Unternehmen wollen ihren Kund:innen reibungslose Zahlungsmöglichkeiten bieten, doch im Vergleich zum B2C-Online-Handel ist die Zahlungswelt hier sehr fragmentiert. Nur ein Drittel der weltweiten B2B-Zahlungen werden elektronisch abgewickelt, bei B2C sind es zwei Drittel.
Für diesen Unterschied gibt es viele Gründe. Die Preisgestaltung im B2B-Bereich ist komplexer, und der Wert der einzelnen Transaktionen ist wesentlich höher. Letzteres erklärt, warum Sofortzahlungen, die im B2C-Bereich Routine sind, im B2B-Bereich nur begrenzt an Bedeutung gewinnen, wo sie bis 2022 voraussichtlich nur 6,3% der weltweiten Ausgaben ausmachen werden.
Was das Bild noch komplizierter macht, sind die unterschiedlichen Zahlungsbedingungen je nach Kunde, Branche und Markt. Diese Unterschiede können durchaus verwundern. Nach Branchen aufgeschlüsselt reichen die durchschnittlichen Zahlungsfristen von 42 Tagen für den Chemiesektor bis zu 21 Tagen für Baumaterialien. Auf Länderebene beträgt die durchschnittliche Zahlungsfrist für eine B2B-Rechnung in Deutschland 22 Tage, in Spanien hingegen 48 Tage.
Die Notwendigkeit nahtloser Erlebnisse
Paradoxerweise führt diese Komplexität dazu, dass der Preis selbst in den Hintergrund rückt. B2B-Fachleute tätigen ihre Einkäufe beruflich, und die Zeit, die sie für den Kauf eines Produkts aufwenden, ist Teil der Gesamtkosten. Oder anders ausgedrückt: Wenn man seinen Kund:innen ein nahtloses Erlebnis bietet, ist man wettbewerbsfähig, ohne unbedingt über den Preis zu konkurrieren.
Damit eine Digital Experience Platform (DXP) dieses reibungslose End-to-End-Erlebnis schaffen kann, muss sie B2B-Unternehmen die Personalisierung von Preisen und Zahlungsbedingungen für verschiedene Kund:innen oder Kundentypen (Großhandel, Wiederverkäufer:innen, Distributor:innen, D2C/Endverbraucher:innen) über alle Vertriebskanäle hinweg erleichtern.
Dies ist nichts für schwache Nerven und erfordert Integrationen mit einem Enterprise Resource Planning-System (ERP, in dem die Preise berechnet werden) und einem Customer-Relationship-Management-Tool (CRM, in dem in der Regel Auftragshistorien und -bedingungen gespeichert werden) als Teil eines E-Commerce-Systems, das in die Plattform integriert ist.
Genauso wie man von seiner DXP-Lösung erwartet, dass man mit ihr mühelos Inhalte für alle Märkte lokalisieren kann, muss sie sich problemlos an die Zahlungs- und Steuerkulturen der einzelnen Märkte anpassen lassen. Diese Kulturen können bemerkenswert unterschiedlich sein, selbst in den aneinander angepassten Wirtschaftssystemen Westeuropas.
Warum eine DXP anpassungsfähig sein muss
Eine aktuelle Studie der Deutschen Bank aus dem Januar 2021 (“The Future of Payment, Series 2” – Teil 1, Teil 2) verdeutlicht einige dieser Diskrepanzen.
Die Durchdringung des B2B-E-Commerce und des digitalen Zahlungsverkehrs ist auf den wichtigsten europäischen Märkten uneinheitlich. In den sechs Monaten bis Januar 2021 (also in dem Zeitraum, während dessen die Deutsche Bank ihre Umfrage durchführte) verwendeten nur 7% der B2B-Unternehmen in Italien einen Papierscheck für Zahlungen. In Frankreich lag dieser Anteil bei 59%.
Auf die Frage, warum sie immer noch Schecks für die Begleichung von Rechnungen verwenden, gaben 16% der B2B-Unternehmen an, dass dies notwendig sei, um Lieferanten zu bezahlen. Der Hauptgrund war jedoch die Gewohnheit (24%).
Viele B2B-Unternehmen sind von der Komplexität der Preisgestaltung und des Zahlungsverkehrs überwältigt und zugleich mit einem Status quo zufrieden (so ineffizient er auch sein mag) – deshalb zögern sie oft, ihre Zahlungs- und Buchhaltungsabläufe zu digitalisieren.
Für Exporteure sind die unterschiedlichen Mehrwertsteuersysteme ein weiteres Hindernis – etwas, das natürlich auch Online-Händler betrifft. In Polen beträgt die Mehrwertsteuer auf Autokindersitze beispielsweise 8%, in Dänemark 25%. Ein Beispiel aus dem B2B-Bereich ist der Mehrwertsteuersatz auf Holz für industrielle Zwecke, für den es in der EU bis zu 10 verschiedene Mehrwertsteuersätze gibt: Rumänien erhebt 19%, Frankreich 20%, Belgien 21%, Schweden 25% usw.
Noch grundlegender ist vielleicht, dass die Länder bei der Regelung der elektronischen Rechnungsstellung unterschiedlich vorgehen. Italien beispielsweise folgt dem so genannten Clearing-Modell, bei dem Rechnungen nicht direkt zwischen Verkäufer:innen und Käufer:innen ausgestellt werden können, sondern zunächst einen staatlichen Server durchlaufen müssen, um eine Echtzeit-Überwachung der Transaktion zu ermöglichen.
Die meisten anderen EU-Mitgliedstaaten folgen dem Post-Audit-Ansatz, bei dem die Rechnungen direkt ausgetauscht werden und die Steuerbehörden die Transaktionen nach ihrem Abschluss überprüfen.
Die Art und Weise, wie Transaktionen mitgeteilt werden, unterliegt nicht den EU-Vorschriften – dies trägt daher ebenfalls zur Komplexität bei. Die Software SAF-T zur Einhaltung der Steuervorschriften, die erstmals in Portugal eingeführt wurde, gewinnt momentan stark an Bedeutung.
Warum eine DXP eine alleinstehende Lösung sein sollte
Dieser Artikel kann nur einen Ausschnitt dessen darstellen, womit sich B2B-Unternehmen auseinandersetzen müssen, wenn sie ein reibungsloses Zahlungserlebnis schaffen wollen.
Um diese überwältigende Komplexität in den Griff zu bekommen und sie mit den anderen Workflows zu koordinieren, die den “Wohlfühlfaktor” der Kundeninteraktion bestimmen, benötigen Unternehmen eine moderne DXP. Diese sollte sowohl flexibel als auch leistungsstark und zukunftssicher sein, um neue Vertriebskanäle und neue Geschäftsmodelle zu erschließen.
Ein Beispiel für ein entsprechendes Geschäftsmodell ist das Direct-to-Consumer-Geschäft (D2C). Schon vor COVID-19 haben traditionelle B2B-Unternehmen versucht, ihre Großhändler zu umgehen und einige Endkund:innen direkt zu erreichen.
Das D2C-Geschäftsmodell unterstreicht den Bedarf an Abstimmungs- und Inkassotechnologien, die große Mengen kleinerer Zahlungen (anstelle größerer B2B-Zahlungen) verarbeiten können. Durch die Integration in das ERP-System wird die Zahlungsfunktionalität direkt in das Aufzeichnungssystem integriert, so dass Unternehmen die Rechnungsstellung und den Abgleich automatisieren können.
Zahlungen und Rechnungen sind Teil komplexer Geschäftsprozesse, die Bestandsmanagement, Kundeninformationen, Produktdetails und Auftragsmanagement umfassen, zugleich mit der Markenbotschaft synchronisiert werden müssen und in jedem Vertriebskanal und auf jedem Gerät eine einheitliche Botschaft vermitteln sollen.
Eine DXP-Lösung unterstützt dabei, diese komplexen Prozesse zu orchestrieren und zu verwalten, um nahtlose Erlebnisse zu schaffen.